Selbsthilfe | ||||||||
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Synergetik und Psychosynergetik –
ein Kurzüberblick
Die Synergetik als „Lehre vom Zusammenwirken“ wurde Anfang der 70er Jahre von dem bedeutenden deutschen Physiker Hermann Haken begründet (Haken 1977 ff.). Als ein interdisziplinäres Forschungsgebiet untersucht sie allgemeine Gesetzmäßigkeiten der Strukturbildung in allen Bereichen von Natur und Gesellschaft. Mit großem Erfolg wurde die Synergetik auch auf Probleme der Hirnforschung und Psychologie angewandt, wobei wichtige Denkansätze der Gestaltpsychologie reinterpretiert und fortgeführt werden konnten (Haken 1996, Kelso 1995). Es zeigte sich, daß das Gehirn nicht wie eine „triviale Maschine“ arbeitet, sondern als ein selbstorganisierendes System. Auch zum Verständnis sozialer Dynamiken – insbesondere therapeutischer Prozesse – trug die Anwendung der Synergetik entscheidend bei (Tschacher 1997, Schiepek 1999, auch Ciompi 1997, Grawe 1998, Haken & Schiepek 2005).
Wie die Synergetik experimentell gezeigt hat, folgt die aktualgenetische Formierung von Verhaltensstrukturen in Motorik, Wahrnehmung und Denken den allgemeinen Grundprinzipien der Selbstorganisation und Evolution komplexer dynamischer Systeme. Damit läßt sich das System „Gehirn/Psyche“ als Produkt einer Überlagerung mehrerer Evolutionsschichten (Phylogenese, Morphogenese, Ontogenese, Aktualgenese) verstehen und kohärent in ein evolutionistisches Weltbild integrieren. Im Rahmen der Psychosynergetik wurde versucht, diese Sichtweise für Psychotherapie und Psychosomatik fruchtbar zu machen (Hansch 1988, 1996, 1997, 1999, 2005, Schiepek 1999, Kröger u. Petzold 1999, Hansch & Haken 2004).
Auf Einzelheiten des dabei entstandenen psychosynergetischen Strukturmodells soll hier nicht eingegangen werden (Hansch 1997, 2002a, für einen Überblick vgl. die ins Netz gestellten Buchauszüge, insbesondere Einleitung und Glossar aus „Evolution und Lebenskunst“). Es erlaubt eine evolutionstheoretische Herleitung, Neukonzipierung, neurowissenschaftliche Untermauerung und kohärente Synthese von „Denkbausteinen“ u.a. aus den folgenden Quellen:
Die Synergetik ist in besonderem Maße kohärenzbildend: in einem synthetischen Vorgehen kommt sie zu Modellen, die komplexe Prozesse ganzheitlich beschreiben. In Form der „Gesetze des Zusammenwirkens“ erfaßt sie eine Abstraktionsebene, die überall in der Realität verbindende und wiederkehrende Muster sichtbar macht. Insgesamt ist es damit sehr naheliegend, die (Psycho-)Synergetik als grundlegendes Ordnungsmuster für die Konstruktion von Selbsthilfe- bzw. Therapiemodulen zu nutzen, die spezifisch auf eine Steigerung des Kohärenzgefühls (Sense of coherence – SOC) abzielen und damit schwerpunktmäßig salutogenetisch wirksam werden. Entsprechend dem Salutogenese-Konzept von A. Antonovsky ist psychosomatische Gesundheit ein thermodynamisch unwahrscheinlicher Zustand, der nicht schon durch die bloße Abwesenheit von Pathogenese-Faktoren gegeben ist, sondern durch Salutogenese-Faktoren aktiv hergestellt und erhalten werden muß.
In einer Vielzahl von Fragebogen-Untersuchungen ergab sich als übergeordneter psychischer Gesundheitsfaktor das Kohärenzgefühl (Sense of coherence – SOC): ein starkes und dauerhaftes Vertrauen dahinein, daß die (innere und äußere) Welt verstehbar, gelingend zu handhaben und sinnhaft ist. Als Erklärungshintergrund für seine Konzepte verweist schon Antonovsky auf Theorien der Selbstorganisation wie die Synergetik. - Antonovsky 1997.)